Christine Hofer
– Theaterleitung/Intendanz –
Christine Hofer wurde in Brandenburg geboren und wuchs in Berlin auf und fand dort Mitte der neunziger Jahre den Weg zum Theater. Im Jahr 2001 begann sie ein Regiestudium an der Berliner Ernst-Busch-Schule, u.a. bei Peter Zadek, Thomas Ostermeier und Peter Kleinert. Seit 2006 arbeitet Christine Hofer freiberuflich als Regisseurin. Sie inszenierte unter anderem am Berliner Maxim Gorki Theater und am Deutschen Theater Berlin, am Theater Magdeburg und am Theater Heilbronn. Von 2016 – 2018 leitete sie den Theatersommer Netzeband, bevor sie von 2018 bis 2021 die Leitung des Jungen Schauspiels am Landestheater Eisenach übernahm. Aktuell ist sie Intendantin des Landestheater Schwaben Memmingen.

Susanne Schmidt
– Geschäftsführung –

Sie studierte von 2000 – 2003 am renommierten Liverpool Institute for Performing Arts, Liverpool (Großbritannien) Kulturmanagement und absolvierte wenige Jahre später ein weiteres Studium an der TU Kaiserslautern im Bereich Management von Kultur- und Non-Profit-Organisationen. Sie arbeitete bei verschiedenen KulturInstitutionen und ist beim Theatersommer seit vielen Jahren im Bereich Organisation, Verwaltung und Finanzen tätig.

 Interview

Am 30. Oktober wurden Sie als neues Leitungsduo präsentiert. Haben Sie Ihre Arbeit bereits aufgenommen?

Christine Hofer:
Tatsächlich arbeitet man von Beginn der Bewerbung an. Wenn man sich auf eine solche Position bewirbt, hat man einen Schattenspielplan im Kopf. Es kam sehr kurzfristig und überraschend, dass wir als Team arbeiten können und für mich ist das eine sehr positive Fügung, dass es keine komplette Konzentration der Macht auf eine Person gibt. Ich stehe für neue Führungsstrukturen, für eine Teamleitung. Aber wir werden erst ab Anfang 2024 zusammenarbeiten, was nicht heißt, dass ich nicht vorher ab und zu nach Ludwigsburg fahren werde.

Susanne Schmidt:
Ich arbeite ja seit 18 Jahren für den Theatersommer, die Bilanzen mache ich schon seit ein paar Jahren mit und habe einen guten Einblick in die Finanzen. Allerdings war ich nicht wirklich darauf vorbereitet, dass wir weitermachen. Mir hat die Perspektive gefehlt. Wenn man so lange mit einer Führungspersönlichkeit wie Peter Kratz zusammenarbeitet, der alles gemanagt hat, muss man erst einmal drei Schritte zurückgehen, um zu schauen, ob es überhaupt anders weitergehen könnte. Offiziell übernehme ich ab 1. Januar, wobei wir in der glücklichen Lage sind, dass Herr Kratz unterstützend bleibt.

Hat Sie die unsichere Situation nicht abgeschreckt?

Schmidt:
Nein! Klar, es ist eine Mammutaufgabe, andererseits aber dachte ich auch, wer, wenn nicht ich? Wenn man von außen kommt, ist es sicher schwierig, alles nachzuvollziehen. Aber ich denke, ich kann das. Außerdem Ich bin sehr gut vernetzt und kenne viele Leute. Christine scheint mir der perfekte Counterpart, was das Künstlerische angeht. Ich bin eher ein Zahlenmensch. Ich habe in der Zeit, in der ich für den Theatersommer arbeite, zwei Kinder bekommen, die quasi im mit dem Theater aufgewachsen sind. Der Theatersommer ist ein Kleinod. Ihn sterben zu sehen, aufzugeben, das geht nicht, nicht ohne Kampf. Es kann nicht sein, dass man einen gesunden, funktionierenden Betrieb sterben lässt, nur weil sich die Stadt keinen Millimeter bewegt.

Hofer:
Für mich waren drei Dinge ausschlaggebend: Die Tatsache, dass ich mit Frau Hofer Schmidt eine Doppelspitze bilde, der Ort und Peter Kratz. Selten trifft man einen Theatermacher, der so lange dabei ist und so viel Leidenschaft hat. Das ist sein Baby, und es steht auf soliden Füßen. Die Stücke sind immer gesellschaftspolitisch relevant. Die Auslastung ist sehr hoch, es kommen sehr viele Schulklassen. Ich denke, dass die Politik das auch sieht und wertschätzen wird. Also, ich bin sehr zuversichtlich, dass der Theatersommer weitergeführt werden kann.

Aber dazu braucht es mehr Geld. Im Sommer sprach Herr Kratz von rund 150.000 Euro. Wer soll das finanzieren?

Schmidt:
Wir bringen davon 100.000 Euro an Eigenleistung auf. Seit vergangenem Jahr haben wir mehr Stiftungen, die signalisiert haben, dass sie fördern würden. Außerdem werden wir noch weitere Sponsorings angehen. Von der Stadt wollen wir 50.000 Euro mehr Fördergelder. Peter Kratz und ich werden die nächsten Wochen in alle Fraktionen gehen und die Sachlage erklären. Die Stadt muss den Anfang machen, aber wir sind auch am Landkreis dran, denn gerade beim Kindertheater sind so viele Landkreis-Schulen dabei, die extra dafür anreisen.

Warum braucht es mehr Förderung?

Schmidt:
Vom Land gab es in den vergangenen Jahren, gerade auch während Corona, immer wieder Sonderförderungen, aber die Stadt hat sich stets zurückgehalten und seit Jahren ihre Förderung nicht mehr erhöht. Neben der Tatsache, dass die Inflation auch bei uns zuschlägt, müssen wir mit dem Führungswechsel unsere Strukturen ändern. Peter Kratz war Intendant, Geschäftsführer und Regisseur in Personalunion. Der Techniker, der uns dieses Jahr verlassen hat, hat ebenfalls drei Positionen besetzt. Das heißt, wir müssen die Arbeitsabläufe, die die beiden getragen haben, nun auf mehrere Schultern verteilen. Und wir wollen natürlich solide Gehälter bezahlen.

Wenn es von der Stadt nicht mehr Geld gibt, machen Sie trotzdem weiter?

Hofer:
Klar, Theater kann improvisieren, im Moment leben. Insofern kann ich was uns betrifft erstmal keine Auskunft dazu geben. Aber wir konzentrieren uns stark auf ein Programm und sind nicht gewillt, zu kürzen. Das wäre jetzt der falsche Zeitpunkt, von unserer Erwartung abzuweichen.

Schmidt:
Natürlich sollte man sich Gedanken machen, was wäre wenn… Letztendlich müssten wir über Einschränkungen im Programmangebot nachdenken. Man kann nicht erwarten, dass man für zu wenig immer alles bekommt. Das war über Jahre hinweg so, weil Peter Kratz sehr kreativ war und sehr viel in Eigenarbeit geleistet hat, aber das geht mit einem neuen Team so nicht.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Schmidt:
Organisatorisch wird es erstmal ein Weiter-so und Herantasten sein, wie man sich besser strukturiert, welche Bereiche man anders aufstellt.

Hofer:
TheatermacherInnen bringen ja unterschiedliche Ästhetiken mit. Ich komme von der ostdeutschen Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, wo sehr viel Figurentheater gemacht wird. Diese Einflüsse werden sicher eine große Rolle spielen. Die hohe künstlerische Qualität und die gesellschaftspolitische Relevanz der Stücke will ich weiterführen. Wir haben ja im Moment eine schwierige Zeit, eine hohe Politikverdrossenheit, viele Menschen haben Angst vor Krieg, Inflation und Armut. Diese Themen werden auf das Programm Einfluss nehmen. Gerne würde ich auch eine Lange Nacht des Theaters einführen, quasi eine Abschlussvorstellung, wo alle Theaterformen und Schauspieler sich noch mal zeigen können. Vielleicht können wir auch am Anfang unserer Spielzeit einen Umzug mit Masken in die Stadt machen, um zu zeigen, wir sind da!

Interview im Staatsanzeiger Baden-Württemberg